Sonntag, 31. Mai 2015

Ein Wald- und Wiesenlauf.


Wie nennt sich die Zeit von April bis Oktober? Richtig, Wettkampfsaison!
Der HH Marathon liegt hinter mir, also wird es Zeit mal mehr am Tempo zu feilen. Da kommen mir günstige Wettkämpfe über 10 km als verschärftes Training und zur Standortbestimmung ganz recht.
Bis letztes Jahr hatte ich allerdings noch nie vom Heidjer Cup gehört. Aber seit ich letztes Jahr bei einem der Rennen mal gestartet bin und prompt gewann habe, habe ich die Rennserie zumindest auf dem Plan.
OK, Salzhausen musste ich erst mal auf der Karte suchen. Gut, dass mein Laufpartner Burkhard auch starten will, die Gegend kennt und sich sogar als Fahrer anbot. Auf geht’s!

(C) MTV Salzhausen
(C) MTV Salzhausen

(C) MTV Salzhausen

Vor Ort vermeldet die Temperaturanzeige vom Wagen +10°C, aber draußen wirkt es anfangs noch recht ungemütlich. Und das Ende Mai? Morgens kurz vor der Abfahrt hatte ich sogar noch über lange Hose, Kopfbedeckung und ggf. sogar Handschuhe nachgedacht. Glücklicherweise kommt nun die Sonne zusehends heraus und die Temperaturen steigen. Ziemlich gutes Laufwetter, oder?
Die Anzahl der Leute um uns herum vor Ort ist überschaubar. Eine gemütliche, entspannte und unspektakuläre Dorfveranstaltung also. Die erste Überraschung bietet dann aber eine gertenschlanke schwarze Läufererscheinung. Hier starten sogar Kenianer?!? Na das kann ja heiter werden.

(C) MTV Salzhausen


Burkhard hatte sich schon vor der Abfahrt für einen Start über 20 km entschieden – mein Glück (so muss ich ihm nicht hinterherlaufen) und sein Pech, denn genau dort startet der (vermeintliche) Kenianer auch!




Das gesamte Läuferfeld ist … nun, nennen wir es "übersichtlich". Beim Startschuss um 09:00 Uhr ging es dort ganz vorn jedoch gleich gut zur Sache. Der überwiegende Teil aber läuft eher locker hinterher.

Nach dem Start über 20 km hatte ich noch 15 min Zeit bis zu meinem Wettkampf. Dabei erfuhr ich dann nebenbei, dass es sich bei dem "Kenianer" um einen Flüchtling (aus Somalia?) handelt, dem man hier das Laufen näher gebracht hatte und der sehr schnell Feuer und Flamme dafür wurde. Er soll sogar mehrfach in der Woche nach Lüneburg laufen - hin und zurück. Satte 30 km. Oh je, das wird wohl "interessant" für Burkhard werden... 

(C) MTV Salzhausen
(C) MTV Salzhausen

Im 10 km Startblock fand sich dann neben mir auch Mathias aus meiner Heimatecke wieder.
OK, damit war (m)ein Auftaktsieg quasi unmöglich.^^ Aber das Rennen sollte ja eh nur eine Standortbestimmung der eigenen Form werden. Da konnte mir die Platzierung eigentlich egal sein.
Die Zielzeit hingegen nicht.
Schnell noch die Laufapp eingestellt und aktiviert, Handy verstaut und keine 90 Sekunden später ertönte auch schon der Startschuss.


(C) MTV Salzhausen
Die ersten fast 3,5 km ging es tellerflach auf bestem Asphalt entlang! Das kam mir durchaus entgegen, um richtig in Fahrt zu kommen. Sehr schnell waren wir ganz vorn aber nur zu dritt. An Mathias blieb ich zumindest für etwas über einen Kilometer dran, dann aber war er warm gelaufen und der weiße Kenianer aus dem Süden Hamburgs zog unaufhaltsam davon.

Der dritte Läufer unserer kleinen aber feinen Spitzengruppe, weigerte sich hartnäckig auf Teer zu laufen und lief auf dem Schotter neben der Fahrbahn. Vielleicht etwas besser für die Gelenke, aber schlechter fürs Tempo. Ich brauchte dennoch ca. 2 km um etwas Distanz zwischen uns zu bringen. Von da an ging mein Blick nur noch nach vorn...zu Mathias, dessen rotes Shirt zusehends kleiner und kleiner wurde, bis er nur noch ein Punkt am "Horizont" zu werden drohte. Uneinholbar. Zumindest für mich. Wie erwartet. Nun ja, er ist ja auch 11 Jahre jünger und läuft schon viel länger als ich. Also kein Maßstab.  *hust*


Apropos Distanz: Mit Blick zur Uhr an den jeweiligen Kilometermarkierungen, lief ich den ersten Kilometer in 3:20 min (typisches Tempogebolze direkt nach dem Start - völlig "normal" in Läuferkreisen) und passierte die 2 km Marke nach 7:35 min, also 4:15 min/km (vernünftigeres Renntempo)! Sauber, das fühlte sich gut an. Für den dritten Kilometer brauchte ich aber dann 4:38 min? Obwohl die Strecke flach war und sich meine Schrittfrequenz nach der 2 km Marke nicht geändert hatte? Ähm ja…
Keine Ahnung, wie und womit man in Salzhausen die Kilometer vermisst und markiert, aber da besteht noch deutlicher Nachbesserungsbedarf!
(C) MTV Salzhausen

Nach 3,5 km kam ein kleines Kopfsteinpflasterstück und kurz danach ging es ab in den Wald. Fortan war die Strecke mit jedem Schritt abwechslungsreich und machte seinem Namen als Wald- und Wiesenlauf endlich alle Ehre. Die Strecke war kurvenreich, wellig, uneben, bewachsen, wurzelig und immer wieder sandig, sandig, sandig. Die Gefahr umzuknicken war damit aber fortan leider nicht mehr von der Hand zu weisen. 

(C) MTV Salzhausen
Die Kilometermarkierungen waren bekanntermaßen nicht gerade vertrauenerweckend, aber zumindest als grobe Kontrolle halbwegs brauchbar. Besser als nichts (im Wald). Durch die vielen Kurven und Abzweigungen konnte ich durch leichtes Umdrehen auch den Abstand meiner Verfolger beurteilen - es gab keine. Also wenn mein linkes Knie nicht wieder rumzickt wie vor 6 Tagen bei einem 25 km Waldlauf in den Harburger Bergen, dann war mir der zweite Platz sicher und ich konnte mich aufs gleichmäßige Tempo konzentrieren. Gesagt, getan. 


Aus Waldpfaden wurden Wiesenwege und irgendwann stieß ich dann auf Läufer vom 20 km Lauf, die problemlos überholt werden konnten. Etwas später reihten sich dann auch welche von der 5 km Strecke mit ein, die nach uns gestartet waren. Auch die konnte ich schnell hinter mir lassen.




Zwischendurch gab es in einer Linkskurve an einer Wiese in auch eine kleine Getränkestation mit Wasser in Plastikbechern, die meinerseits dankbar angenommen wurde. Leider hatte aber ich keinen Trinkhalm dabei, so dass ein Teil des Wassers unfreiwillig der Kühlung meiner Vorderseite diente, anstatt des Durstlöschens.

(C) MTV Salzhausen
(C) MTV Salzhausen

Das 9 km Schild wurde passiert und der Blick zurück offenbarte keinen überraschenden Verfolger. "Leider" kein notwendiger Zielsprint? 
Für die letzten 1.500 m ging es jetzt wieder auf den Asphalt bevor der Abzweig zur Wiese kam. Dabei noch ein paar Läufer der anderen Strecken überholen und bloß gleich daran denken im Zielkanal freundlich zu gucken. 
An einem Läufer aus dem 5 km Rennen flog ich förmlich ca. 200 m vorm Ziel noch vorbei und der Zielkorridor lag verwaist vor mir. Also Tempo wieder etwas rausnehmen, Arme Ausbreiten und ein Lächeln aufsetzen!

(C) MTV Salzhausen

Durch den Torbogen hindurch und hinein in den nur circa einen Meter breiten mit Fähnchen gesäumten Zielkorridor...in dem mir dann das Lächeln allerdings schlagartig verging. 
In dem Irrglaube ich liefe in seinem Rennen mit, meinte der soeben noch überholte 5 km Läufer einen extrem ehrgeizigen Schlusssprint hinlegen zu müssen und drängelte sich an mir in dem schmalen Korridor vorbei. Na vielen Dank auch fürs Versauen meines Zielfotos! Fast ein Wunder, dass sich dabei keiner von uns hingelegt hat. Andererseits wäre das dann wenigstens ein Foto wert gewesen. 
(Der Läufer erkannte seinen Irrtum zwar kurze Zeit später und entschuldigte sich dann auch noch bei mir, aber etwas angefressen war ich wegen der Aktion immer noch.) 

Mathias stand inzwischen schon recht entspannt im Ziel herum. Kein Wunder, war er doch schon rund 90 Sekunden vor mir angekommen. Ein paar Schweißperlen waren aber auch bei ihm noch zu entdecken. Ich bilde mir ein, dass es an meiner Verfolgung lag. Er macht vermutlich die steigenden Temperaturen als Ursache dafür aus.^^


Kurze Zeit später hatte dann auch das vor uns gestartete 20 km seinen ersten Zieleinlauf. Es gewann der "vermeintliche Kenianer" Mohamed! Schade, Burkhard hatte es doch nicht als Sieger ins Ziel geschafft. Fast 6 1/2 Minuten ließ er noch auf sich warten, dann flitzte auch er durchs Ziel.
Flitzen trotz so großem Rückstand?^^ Ja flitzen, denn immerhin erreichte Burkhard auf einer unebenen Waldstrecke ein Durchschnittstempo von 3:51 min/km - und das obwohl er mehr als doppelt so alt wie der Sieger war! Chapeau Burki, Chapeau! Von so einem Temposchnitt auf 20 km träume ich vorerst noch...
 

Fazit:
Mit der Endzeit 41:36 min (Pulsschnitt 161) kann ich auf der mir unbekannten Strecke vollends zufrieden sein. Das Knie hat unterwegs auch keine Probleme bereitet und das Tempo konnte ich relativ konstant hoch halten.
Platz 2 insgesamt (und Platz 1 in der AK45) ist ein netter Bonus, wenn auch mangels echter Konkurrenz wenig aussagekräftig.
Die Strecke war abwechslungsreich und ist daher auch empfehlenswert. Zumindest solange es trocken ist bzw. die Tage zuvor nicht geregnet hat, denn sonst dürfte das unterwegs in ein mittleres Schlammcatchen ausarten. 

 
Was hingegen echte Rätsel aufgibt, ist die Streckenlänge!
Meine Laufapp sagt 9,6 km, meine Laufuhr meint 9,7 km, die App von Mathias vermeldet 10,1 km und die Ausschreibung proklamiert offiziell 10,5 km. 
Was nun wirklich stimmt, wäre für eine sinnvolle Aussage über die aktuelle Form schon interessant. So rangiert meine durchschnittliche Laufgeschwindigkeit zwischen 3:57 min/km (bei 10,5 km) und 4:20 min/km (9,6 km). 
Klar ist mir nur, dass die Strecke nie und nimmer ganze 10,5 km lang sein kann, denn 3:57 min/km halte ich für mich bei dieser Streckenführung und dem Untergrund für schlicht nicht realistisch!



PS.
Als der sympathische Läufer Mohamed etwas später bei all dem Schulterklopfen und Händeschütteln vom nächsten Rennen in Hittfeld in 6 Tagen erfuhr, fingen seine Augen förmlich an zu leuchten. Er hatte wahrlich Feuer gefangen!
Na dann freuen Burkhard und ich uns jetzt schon darauf, ihn in Kürze wieder zu sehen. Nur gut, dass Mohamed dort dann wieder über die Langstrecke antreten will. Ich habe vor Ort ja schließlich noch einen Titel über 10,5 km zu verteidigen!
;-)

 
Danke fürs Lesen!


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